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Go west!

Im äußersten Zipfel der Wachau machen ein Pfälzer und ein Trandorfer alles ziemlich anders. Willkommen in der Grabenwerkstatt.

Wein aus dem Spitzer Graben: Franz Hofbauer ist ein Teil der Grabenwerkstatt.

Die beste Entscheidung ihres Lebens? Über Nacht abzuhauen. Zwei Flugtickets nach Australien buchen und los. Richtung Abenteuer und zu Weingütern, die alles anders machen, als es Michael Linke und Franz Hofbauer je gelernt haben.

 

Die Monate in Australien und Neuseeland liegen schon ein paar Jahre zurück. Sie sind einige der Mosaiksteine, die die Grabenwerkstatt ausmachen. Das Weingut im Spitzer Graben ist für Wachauer Verhältnisse ein wahrlich junges Ding. Gegründet haben es Michael Linke und Franz Hofbauer 2014. In Trandorf, dem westlichsten Zipfel des Weinbaugebiets Wachau. Hier ist alles ein bisschen anders. Schroffer. Kühler. Das Waldviertel unmittelbar spürbar. „Der Jauerling bringt uns den G’schmack. Selbst an Hochsommertagen fallen die Temperaturen in der Nacht extrem ab. Das ist die Basis für spannende Weine“, erklärt Michael Linke, Herr des Kellers und waschechter Pfälzer. Das Thema Riesling sozusagen in die Wiege gelegt, kam er durch ein Praktikum bei der Domäne Wachau in die Gegend. „Da war der Franz mein Chef. Jetzt ist es umgekehrt. Oder?“, grinst der Pfälzer. Die beiden verstehen sich gut, das ist schnell klar. Und sie sind erfolgreich. Der Keller, in dem die beiden ihre Weine machen, platzt aus allen Nähten. Der Neubau ist schon in Planung.

Der Jauerling bringt uns
im Spitzer Graben den
G‘schmack.
Michael Linke

Michael Linke ist der Hauptverantwortliche im Keller.
Der Trenning, Grenzberg zum Waldviertel. Eine der Lagen, die die Grabenwerkstatt bewirtschaftet.
„Weine ohne Tabus“. Für die Rohwerk-Linie kommen Neuburger und St. Laurent ins Holzfass.

„Momentan arbeiten wir noch in meinem Elternhaus. Dort, wo jetzt unsere Weine lagern, war früher der Erdäpfelkeller von der Oma. Gemeinsam mit Michael haben wir ihn so adaptiert, dass hier an die 7.000 Liter auf 12 Quadratmeter passen. Tja, der Michael ist halt ein bissl ein Monk, der hat sich lang damit beschäftigt, wie wir die Fässer schlichten können“, lacht Franz Hofbauer. „Deutsche Gründlichkeit“, kontert der Pfälzer.

 

Verwuchert und verwachsen, die Steinmauern eingebrochen. So sah der erste Weingarten aus, den sich die beiden 2014 vornahmen. Mittlerweile bewirtschaftet die Grabenwerkstatt eine Fläche von rund 3 Hektar im Spitzer Graben. „Wir wollen in allen Top-Lagen im Spitzer Graben Wein machen: Brandstatt, Trenning, Bruck, Schön und Kalkofen. In unserer eigenen Stilistik. Vom Boden geprägt, auf dem er wächst, und komplex“, so die beiden.

Bei uns muss es stoffig,
würzig und trinkig sein.
Franz Hofbauer und Michael Linke

Ideen-Import aus Neuseeland

Stark geprägt hat die beiden die gemeinsam Zeit in Australien und Neuseeland. „Die wichtigste Station war am Weingut Pyramid Valley Vineyards. Das ist einer der großen Namen in Sachen biodynamischer Weinbau, extrem viel Handwerk. Wir haben zum Beispiel eine Woche nur Beeren mit der Hand gerebelt“, erzählt Franz Hofbauer. „Für mich war in Neuseeland klar: Entweder ich gehe nachher zurück in die Pfalz – oder ich starte gemeinsam mit Franz etwas völlig Neues im Spitzer Graben. Der Franz stammt ja von dort“, sagt Michael. Wie die Entscheidung fiel, ist bekannt.

Franz Hofbauer und Michael Linke machen im Spitzer Graben Wein, geprägt von der Biodynamie und ihrer Zeit in Neuseeland.

Take off your shirt and hug the tank. Die Weine muss man während der Gärung begleiten. Michael Linke

Auf Tuchfühlung mit der Tankfüllung

Wesentlich für die Resultate ist der besondere Umgang mit den Trauben im Keller: Ganztraubenpressung – Spontanvergärung – keine Filtration, sind da die Schlagworte. Und die besondere Begleitung des Kellermeisters Michael. „Jeden Tank musst du wie ein Kind begleiten beim Gärverlauf. Take your shirt off and give the tank a hug – das war das Motto bei Pyramid Valley Vineyards. Jeder Tank entwickelt sich anders, da gibt es Hitzepole an manchen Stellen. Andere haben wir wieder mit Heizstrahlern bearbeitet. Ich sag immer: jedem Tank seine Freiheit“, so Michael. Übrigens ein glühender Roland-Kaiser-Fan. Es kann also durchaus sein, dass Schlagermusik aus dem Keller der Grabenwerkstatt dröhnt. „Ich heiß’ ja nicht umsonst Schlager-Michl aus der Pfalz“. Hätten wir also auch eine kommerzielle Rundung gefunden in der sonst so kantigen Grabenwerkstatt aus dem Spitzer Graben.                                  

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