Das Fundament auf dem die Wachau (an)baut

Sie schaffen Raum. Sie geben Struktur. Sie prägen die Landschaft und machen Weinbau in den Steillagen überhaupt erst möglich: die Trockensteinmauern der Wachau.


Was wäre wenn ... Wenn es in der Wachau keine Trockensteinmauern gäbe. Dann gäbe es keine Terrassenweingärten. Damit auch keinen Wachauer Wein, so wie wir ihn kennen. Ob die Wachau begehrtes Ausflugsziel und erfolgreiche Urlaubsdestination wäre? Sicher ist: Vieles würde gänzlich anders aussehen.

Stein auf Stein – sonst nichts

Bei reinen Trockensteinmauern wird kein Verbindungsmaterial eingesetzt. Sie bestehen aus Steinen, die direkt aufeinandergesetzt werden. In der Wachau sind das in erster Linie Paragneise, Marmor und Gföhler Gneis. Kleinere Steine füllen die Lücken zwischen größeren aus, stabilisieren das Ganze. Auf die richtige Mischung kommt es an. Erfahrene Maurer wissen, welcher Stein sich wo eignet und welcher „ein G’sicht“ hat. Das sind besonders schöne Steine für die vordere Reihe.

Es gibt besondere Anforderungen an Steine für Trockenmauern: Sie müssen die technischen Voraussetzungen erfüllen – spaltbar sein, eine plane Fläche besitzen und verwitterungsbeständig sein. Und sie müssen so kostengünstig wie möglich sein. Am besten verwendet man deshalb Steine vor Ort – Winzer sammeln sie rund ums Jahr, um sie dann in den Wintermonaten verarbeiten zu können. Oft dient das Material eingestürzter Mauern oder aufgelassener Weingärten zur Errichtung neuer Trockensteinmauern. Wenn das nicht reicht, wird aus den regionalen Steinbrüchen zugekauft. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt. Es geht darum, den richtigen Ton zu treffen: am besten ein warmes Grau-Braun.  

3 Mio Quadratmeter Trockensteinmauern

Mehr als 40 Prozent der Wachauer Rebflächen befinden sich in Terrassenweingärten, die von rund 2,5 bis 3 Millionen Quadratmeter Trockensteinmauern getragen werden. Anders wäre es in vielen Wachauer Lagen nicht möglich, Wein anzubauen: zu steil und damit unerreichbar für Mensch oder Maschine. Die Terrassierung hat den Vorteil, dass die dünne fruchtbare Humus-Schicht über dem Waldviertler Urgestein nicht so rasch erodiert – sie hält das vorhandene Material besser am Berg. Eine hangvertikale Führung der Weingärten – wie zum Beispiel in der Südsteiermark – würde in der Wachau nicht funktionieren. Die Terrassen sind die einzige Möglichkeit, wertvolle Anbaufläche zu gewinnen und die Steillagen mit bis zu 60 Prozent Gefälle nutzbar zu machen. Außerdem haben die Mauern den Vorteil, dass sie Wärme und Wasser speichern. Sie wirken sich positiv auf das Kleinklima im Weingarten aus.

Wer hoch hinaus will, braucht ein starkes Fundament. Bei einer drei Meter hohen Trockensteinmauer gilt: Das Fundament muss rund 75 Zentimeter Tiefe haben – im untersten Drittel ist der Druck am höchsten. Nach oben kann sich die Mauer verschmälern. Damit ist klar: Das, was wir sehen, ist nur ein Teil der Mauer – ihr „Gesicht“. Dahinter verbergen sich weitere Reihen an Steinen, die die Mauer stützen und stabilisieren. Ein wichtiger Faktor, den so mancher beim Mauern vergisst.

Wir bauen für die Nächsten und Übernächsten.

Mehr als eine Summe seiner Teile

Wie sehr die Trockensteinmauern das Leben der Wachauerinnen und Wachauer prägen, sieht man, wenn man ökonomische und ökologische Aspekte ganzheitlich betrachtet. Die Trockensteinmauern prägen das UNESCO Weltkulturerbe Wachau – und damit sein touristisches Bild. Die Schönheit der Terrassen-Landschaft und der Weinbau sind unmittelbar mit den wirtschaftlichen und touristischen Erfolgszahlen der Region verknüpft.

Eine intakte Natur ist ein wesentlicher Baustein, die Trockensteinmauern der Wachau das größte Nützlingshotel des Landes. In den Mauern selbst leben zum Beispiel doppelt so viele Tierarten wie in den Weingärten: Hier tummeln sich Blindschleichen, Gottesanbeterinnen, Spitz- und Wühlmäuse. Hier wachsen Feldthymian, gemeiner Hornklee und zypressenblättrige Wolfsmilch. Ein wichtiger Lebensraum sind die Trockensteinmauern auch für die Smaragdeidechse, die namensgebend für eine der drei Marken der Vinea Wachau ist: Der Smaragd® kennzeichnet die besten und wertvollsten Weine der Vinea Wachau-Winzer. So schließt sich der Kreis, der zeigt: Eine Wachauer Trockensteinmauer ist nicht nur eine Mauer. Und das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.