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Dem Glückskind auf den Spuren

Anne Krebiehl MW ist Steinfederpreisträgerin 2019. Wir sprechen mit ihr über ihre steile Karriere im Weinjournalismus und die Magie von Zitrusfrüchten.

Das Jahr der Finanzkrise war auch für die diesjährige Steinfederpreisträgerin ein Jahr des Umbruchs. 2008 hängte Anne Krebiehl ihren langweiligen Job bei einer Londoner Bank an den Nagel. Sie beschloss, fortan über Wein zu schreiben. Was in den kommenden elf Jahren folgte, kann als journalistische Bilderbuchkarriere beschrieben werden. Mittlerweile ist Anne Krebiehl eine der gefragtesten Autorinnen der Welt. Sie schreibt für namhafte Magazine wie The World of Fine Wine, Decanter oder Falstaff Deutschland.

Heute stehe ich da und denke mir:
Anne, du bist das glücklichste Glückskind!
Anne Krebiehl MW

Fast bekommt man den Eindruck, dass Anne Krebiehl es selbst kaum glauben kann. So viel ist passiert in den letzten Jahren, der Steinfederpreis der Vinea Wachau eine Art Krönung auf diesem Weg. Und dieser kann steinig sein, ganz buchstäblich. Denn Anne Krebiehl kam nicht nur in die Wachau, um sich ihren Preis abzuholen. Sie wollte auch endlich lernen, wie man Trockensteinmauern baut. „Wenn einen ein Thema fasziniert, ist das wunderschön. Ich möchte Wein in all seinen Aspekten verstehen. Grau ist alle Theorie, hier halte ich es mit meinem Landsmann Goethe. Deshalb wollte ich in der Wachau unbedingt mauern. Gestern habe ich zum Beispiel gelernt, wann ein Stein ein G‘sicht hat und für die erste Reihe taugt“, lächelt die Preisträgerin.

Dichter Terminkalender: Wein verkosten, Trockensteinmauern bauen, Preis abholen.
Anne Krebiehl und ihr Laudator Neil Beckett, Chefredakteur des Magazins „The World of Fine Wine“.

Annes Herz sagt Riesling
 

Anne Krebiehl ist Redakteurin bei US Wine Enthusiast Magazine, die Wachau fällt dabei in ihr Gebiet. Nicht nur deshalb sind die Verbindungen eng. „Wenn ich Wachau höre, sagt das Herz Riesling“, so Anne Krebiehl. Wenn zwischen den Weinverkostungen Zeit ist, klettert sie am liebsten auf den Singerriedel und schaut sich das Ganze von dieser Perspektive an. Was ihre Erfolgsprinzipien waren auf dem steilen Weg nach oben? „Ehrlich zu sich selbst sein. Sei gut, in dem was du tust, liefere Qualität. Und dann gibt es noch einen Tipp, den ich lieber auf Englisch formuliere: work hard.“

Ausgleich zum Wein-dominierten Alltag bietet Annes Garten in London. Dort wachsen ihre Rosen, von denen sie verschiedene Arten züchtet. Obwohl: Die ganz große botanische Liebe schlägt für Zitrusfrüchte, verbindet die Deutsche damit doch immer auch einen Hauch Süden. „Käme ich ein zweites Mal zur Welt, würde ich wahrscheinlich Botanik studieren und meine Master-Thesis über Zitrusfrüchte schreiben. Die beinhalten nämlich dieselben Terpene, die auch im Riesling sind.“

Manchmal denke ich mir bei meinen Kostnotizen:
Anne, du schreibst über Obstsalat.
Anne Krebiehl über ihre Liebe zu Zitrusfrüchten.

Social Media ist wichtig, findet Anne Krebiehl.
Annes Beitrag zum Weltkulturerbe Wachau

Liebling der Nachbarn
 

Anne Krebiehls Nachbarn können sich aus vielen Gründen glücklich schätzen. An diese verschenkt sie nämlich oft die Reste der Weine, die sie in ihrer Londoner Wohnung verkostet hat. „Meine Nachbarn lieben mich“, lächelt die Journalistin. „Verkosten ist nicht so einfach, wie es sich viele vorstellen. Das ist harte Arbeit. Wenn ich 40 Smaragdweine aus der Wachau blind verkosten soll, dann sortiere ich schon mal einige Zeit. Dann kommt meine Nachbarin und stülpt schwarze Mädchenkniestrümpfe über die Flaschen, damit ich nicht erkenne, von wem sie sind. Und dann verkoste ich und tippe alles in eine Excel-Liste. Erst dann folgt die Enthüllung“, erklärt sie.

Am liebsten verkostet die Journalistin ähnliche Weine, weil man „Äpfel mit Äpfeln“ vergleichen sollte. In Anne Krebiehls Fall wohl am besten: Zitrusfrüchte mit Zitrusfrüchten.

Emmerich Knoll, Obmann der Vinea Wachau, verkostet mit Anne Krebiehl und Neil Beckett.
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