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Interview mit Heinz Frischengruber, Leiter der Qualitätsoffensive Wachau

Heinz Frischengruber, Betriebsleiter und Kellermeister von der Domäne Wachau, leitet seit einem Jahr die Qualitätsoffensive Wachau.

Fotocredit: Monika Löff

Vor einem Jahr hast du die Qualitätsoffensive von Anton Bodenstein übernommen und unter das Thema „Boden und Ökologisierung“ gestellt. Was verstehst du darunter?

Das Potential der Weingärten ist das Um und Auf, das müssen wir nachhaltig nutzen. Durch die Vortragsreihe mit Dr. Wilfried Hartl von der Bioforschung Austria schaffen wir es besser in den Boden reinzusehen. Wir möchten nicht nur reagieren, wenn der Rebstock ein Problem anzeigt, sondern schon im Vorhein so gegensteuern, dass es nicht so weit kommt.

 

Wie wird dabei vorgegangen?

Anhand von Vorträgen und Weingartenbegehungen, bei denen mehrere Schaugruben ausgehoben werden, informieren wir unsere Winzer, wie sie ihre Böden besser verstehen lernen können und welche Möglichkeiten sie haben besser auf sie einzugehen.
Die Wachau hat sehr unterschiedliche Böden auf engstem Raum, da kommt uns die Kleinstrukturiertheit der Betriebe entgegen. Wir haben sozusagen eine große Menge Hirn auf einer kleinen Fläche, genau das brauchen wir um in der Wachau Spitzenqualitäten zu erzeugen.
Außerdem sind die Wachauer Winzer sehr erdverbunden, sie lieben den Boden. Sonst würden nicht noch so viele arbeitsintensive Lagen bewirtschaftet werden.

 

Hat das Projekt bereits zu neuen Erkenntnissen oder Überraschungen geführt?

Es war erstaunlich zu sehen, wie gut durchwurzelt die Böden sind. In trockenen Jahren haben wir erst viel später Wasserstress, da die Reben daran gewöhnt sind, Wasser aus tieferen Ebenen zu holen.
In diesem Zusammenhang waren die Möglichkeiten zur Steuerung des Wasserhaushalts durch die richtige Begrünung sehr aufschlussreich. Wenn man den Weingarten gut beobachtet, kann man mit jeder Wettersituation gut umgehen.

 

Welche Rolle spielt dabei die Bewässerung in der Wachau?

Wir haben in der Wachau einen niedrigen Durchschnittsniederschlag. Dazu kommt, dass durch die Gneisverwittertung sandige Böden entstehen, die nur wenig Wasser speichern können.
Das Bewässerungssystem gleicht Schwankungen aus und minimiert dadurch zum einen das Ausfallsrisiko und hilft weiters bei der Qualitätssteigerung.
Ich definiere Qualität über die Inhaltsstoffe in der Traube. Auch beim besten Boden können die meisten Mineralstoffe nicht in den Rebstock gelangen, wenn sie nicht in Wasser gelöst werden um von den Wurzeln aufgenommen zu werden.

 

Andere Frage in Richtung Boden: Was ist für dich im Hinblick auf die Weinqualität wichtiger - das Grundgestein oder die Bodenbeschaffenheit?

Es funktioniert nur gemeinsam. Auch bei den genialsten Lagen können keine guten Weine erzeugt werden, wenn nur Mineralität da ist. Man braucht Vitalität im Boden um den Charakter des Gesteins herausarbeiten zu können. Die Grundvoraussetzung in der Wachau für geradlinige, würzige und rauchige Weine ist der Gföhler Gneis. Aber auch die besten Voraussetzungen sorgen nicht automatisch für mineralischen Wein – das ist zu wenig. Gneis ist die Hardware in der Wachau, Mikroorganismen, Wasserhaushalt und das Bodenleben sind die Software. Man muss beides beachten.
Bei unserem Projekt kümmern wir uns sozusagen um ein Update für die Software. Es hat sich sehr viel verändert. So weiss zum Beispiel jeder Önologe, dass sich der hefeverfügbare Stickstoff in den letzten 10 Jahren deutlich verringert hat, darauf muss ich mich einstellen.

 

Wo liegen die größten Herausforderungen bei dem Projekt?

Die größte Herausforderung liegt darin, möglichst viele Betriebe mit den Vorträgen und Weingartenbegehungen zu erreichen, nur so können wir für die gesamte Wachau Auswirkungen erzielen.
Ich appelliere auch an alle, dass wir uns mehr Zeit für Wissen nehmen und flexibler werden. Nur weil wir etwas immer so gemacht haben, muss es jetzt nicht automatisch richtig sein.
 

Abschließend noch eine kurze Einschätzung zum Weinjahrgang 2013?

Wir haben sehr gute Voraussetzungen. Eine durchschnittliche Winterfeuchte, die wir nach 2011 und 2012 nötig hatten. Im Mai und Juni hat es fast den doppelten Durchschnittsniederschlag gegeben, Austrieb und Blüte kamen dementsprechend verspätet. Das war eine sehr gute Ausgangsbasis für die Affenhitze im Juli und August, wo wir dann im Wachstum wieder einiges aufgeholt haben.
Quantitativ ist es leider problematisch. Im Osten sieht es mengenmäßig durchschnittlich aus, aber je weiter ich nach Westen komme bzw. umso mehr spätere Lagen betroffen sind, desto mehr ist der Grüne Veltliner verrieselt. Er blüht später und war dadurch stärker von der Junihitze betroffen.
Da das die häufigste Sorte ist, haben wir im Spitzer Bereich eine eher kleine Ernte und dadurch wird auch das Lesefenster in der Wachau enger, da kommt uns aber das kühlere Wetter zur Zeit entgegen.

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